Ernst Fließ, geboren am 9. Januar 1877 in Groß-Salze, entstammte einer alteingesessenen jüdischen Familie. Seine Eltern waren Gustav Fließ und Henriette geb. Fliehs. Die Familie hatte mehrere Kinder, darunter Ernst und sein Bruder Arthur. Die Familie Fließ war seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Groß-Salze ansässig.
Ernst Fließ besuchte das Gymnasium in Schönebeck und studierte anschließend Jura. Im Jahr 1906 wurde er als Rechtsanwalt zugelassen und betrieb seine Kanzlei zunächst in der Victoriastraße 1, später in der Alten Ulrichstraße 8. Im Ersten Weltkrieg wurde Ernst Fließ schwer kriegsbeschädigt. Nach dem Krieg arbeitete und wohnte er weiterhin in der Alten Ulrichstraße 8.
Am 14. Juni 1919 heiratete Ernst Fließ die evangelische Magdeburgerin Hedwig Elsbeth Kanzler. Die Ehe blieb kinderlos. Nach dem Krieg war Ernst Fließ zunächst nur als Rechtsanwalt tätig, ab dem 28. Mai 1920 war er auch als Notar zugelassen. Die gemeinsame Kanzlei befand sich in der Otto-von-Guericke-Straße 18 und wurde mit den Rechtsanwälten Dr. Martin Cohn und William E. Spanier betrieben.
Trotz der nationalsozialistischen Verfolgung behielt Ernst Fließ zunächst seine Zulassung als Rechtsanwalt, während seinem Kollegen Dr. Cohn diese entzogen wurde. Im Jahr 1934 wurde gegen Fließ und Dr. Badt ein Verfahren zur Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft eingeleitet. Das Verfahren endete mit einem Verweis und einer Geldstrafe für Fließ. Trotz weiterer Diskriminierungen blieb er weiterhin als Rechtsanwalt tätig.
1935 wurde Ernst Fließ als Notar entlassen. Nach einem Gerichtsverfahren gegen den Rechtsanwalt Dr. Kuhlmey wurde er aufgrund von “wissentlich falscher Aussagen und Verleumdung von Rechtsanwalt Kuhlmey” zu neun Monaten Haft verurteilt. Dies brachte ihn körperlich und psychisch an sein Ende. Am 29. Januar 1936 entschied Ernst Fließ, sich selbst das Leben zu nehmen. Er wurde vergiftet in seiner Wohnung gefunden.
Ernst Fließ
Otto-von-Guericke-Straße
39104 Magdeburg